Geschichte des Kirchenchor Dattenberg

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Geschichte des Kirchenchor „Cäcilia“ Dattenberg

Als ein besonderes Zeichen des inneren Aufbruchs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist zu werten die Pflege der katholischen Kirchenmusik im Geiste der amtlichen Bestimmungen. So konnte der Kirchenmusiker und Priester Franz Xaver Witt auf dem Bamberger Katholikentag 1868 den Allgemeinen Cäcilienverein für Deutschland gründen, der bereits 1870 die päpstliche Bestätigung erhielt, zur Reform der Kirchenmusik. Im gleichen Jahre 1868 erschien erstmalig, ebenfalls von Franz Witt gegründet, die Zeitschrift „Musica sacra“. Es begann auch die Wiederentdeckung der Gregorianik, über ein Jahrtausend alleiniger Ausdruck des christlichen Abendlandes, die in ihrem überzeitlichen Wert neue erkannt und in der Folgezeit, vornehmlich seit Anfang des 20. Jahrhunderts besonders gepflegt wurde. Mit dem erwachenden neuen Liturgieverständnis soll die Kirchenmusik nicht nur die Liturgie ausschmücken, sondern selbst liturgisch sein.

 

Von diesem Hintergrund aus erscheint es nahezu als selbstverständlich, daß auch in Dattenberg ein „Cäcilien-Chor“ ins Leben gerufen wurde, der sich am Gründungstag, dem 3. Dezember 1882, eine Satzung gab, die von Lehrer Isbert, dem ersten Präses und Dirigenten, unterschrieben worden ist.

 

Satzung des Chores

Dieses Statut, dessen Namensverzeichnis 21 Mitglieder aufweist, ist gewiß ein sehr zeitbedingtes Dokument, das aber in seinen wesentlichen Teilen „Spiegel“ für unsere Situation sein kann.

 

Es gliedert sich nach einer Präambel streng in vier Teile:

 

1)      Aufnahme der Mitglieder;

2)      Pflichten der Mitglieder;

3)      Ausschuß eines Mitglieds;

4)      Auflösung des Vereins.

 

Das ganze Dokument umfaßt 16 Paragraphen. In § 1 heißt es lapidar:

„Unter dem Nahmen „Cäcilia“ bildete sich zu Dattenberg ein Gesangverein.“

 

Von besonderem Gewicht erscheinen, zumindest aus heutiger Sich, die Paragraphen 4, 5 und 6 sowie Paragraph 7, Ziffer 1, und Paragraph 11, Ziffer 1.

Nachfolgend ihr Wortlaut im einzelnen:

§ 4 Mitglied des Gesangvereins kann jeder unbescholtene und zum Gesange taugliche     Bewohner der Pfarrei werden.

§ 5 Auch kann der Verein solche unbescholtene Männer, welche Interesse am Gesange haben um sich um den Verein verdient gemacht haben, zu Ehrenmitgliedern ernennen.

§ 6 Die Aufnahme geschieht, nach Prüfung des neue Aufzunehmenden, durch den Präses und durch geheime Abstimmung der Mitglieder. Zur Aufnahme sind 2/3 der abgegebenen Stimmen erforderlich.

§ 7 Jedes Mitglied ist verpflichtet:

  1. sich eines ehrbaren Lebenswandels zu befleißigen.

§ 11 Ausgeschlossen wird:

  1. Wer durch öffentliches Betragen Anlaß zu Klagen gibt. Über die weitere Mitgliedschaft eines solches entscheides nach dem Antrage irgendeines Mitgliedes die absolute Stimmenmehrheit.

 

Aus diesem Statut geht eindeutig hervor, daß es sich bei der Gründung um einen reinen Männerchor handelt, was vermutlich den Vorstellungen des damaligen Bischofs Korum entgegenkam und entsprach. Ob und wann auch ein gemischter Chor bestanden hat, läßt sich aus den zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht belegen.

Der Gedanke liegt aber nahe, zumal bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts im gesamten deutschen Bereich, insbesondere aber durch die Münchener  Kirchenmusiker Ett und Aiblinger auch auf katholischem Boden die deutsche Palestrina-Renaissance ins Leben gerufen war. Palestrina, der größte Meister der Katholischen Kirchenmusik zur zeit der Gegenreformation, war neben Orlando di Lasso der Vollender der mittelalterlich-polyphonen Kunst. Seit dem Konzil von Trient entwickelte sich der Palestrina-Stil, der bis heute in der katholischen Kirchenmusik vorbildlich ist. Palestrina, dessen Schaffen mit geringen Ausnahmen im Unterschied zu seinem großen Zeitgenossen Orlando di Lasso völlig im Dienst der Kirche stand, hinterließ ein Riesen-Gesamtwerk, aber kaum eine Komposition für reinen Männerchor. Wollte man aber, was ganz sicher das Ziel aller Organisten und Chorleiter war und auch heute noch ist, zumindest an Hochfesten Meisterwerke von Palestrina singen, so lässt sich auf einen gemischten Chor nicht verzichten; es sei denn, man verfügt über einen geeigneten Knabenchor, was aber nur selten der Fall ist.

 

In Dattenberg bestand recht lange ein „Marianischer Chor“, der bei gegebenen Anlässen, z.B. am Fest „Mariä Empfängnis“ sang. Gelegentlich, bei Hochfesten, wirkte er auch mit dem Männerchor „Cäcilia“ zusammen.

 

 

1907 konnte der Kichenchor Dattenberg schon sein 25jähriges Jubiläum feiern. Im Jahr 1922 fand im Rahmen eines Stiftungsfestes das 40jährige Bestehen statt, und der Chor bekam auch einen neuen Dirigenten, Johann Fuchs. Dass der Kirchenchor unter Johann Fuchs keineswegs stagnierte, sondern von blühendem Leben erfüllt war, zeigte sich besonders deutlich beim 50. Stiftungsfest im Jahres 1932, als noch viele weiter Männerstimmen dazu gewonnen waren.

 Seit dem 16. Juni 1949 gehört der „Marienchor“ zum Cäcilienchor, seitdem ist es ein gemischter Chor.

Im Jahr 1982 feierte der Chor sein 100jähriges Bestehen, dieses wurde mit einem Festakt begangen und es gab eine Festschrift aus dem große Teile für diesen Text entnommen wurden. Im Jahr 2007 feierte der Verein sein 125jähriges Bestehen.

Nach dem langjährigen Chorleiter Johann Schneider leitete Heribert Schneider bis 2011 fast 25 Jahre den Chor. Zurzeit werden rund 30 aktive Sängerinnen und Sänger von Paul Runkel dirigiert.

Wie alle Vereine so hat auch der Kirchenchor mit der Gewinnung  neuer Mitglieder zu kämpfen. Hierzu wird abschließend ein Ausschnitt von Johann Schneider aus der Festschrift von 1982 wiedergegeben, denn auch in früheren Jahrzehnten gab es dieses Problem:

„Im Zusammenhang zu vorstehendem Abschnitt kann es für den Chor problematisch werden, wenn er Sorge über eine schrumpfende Mitgliederzahl und dazu meistens noch Nachwuchssorgen in einzelnen Stimmen hat. Häufige Klagen über mangelnden Nachwuchs treten in gewissen Abständen immer wieder auf, und oft dauert es lange, bevor sich die Lücken wieder geschlossen haben. Eine der Ursachen besteht darin, daß viele Jugendliche keine Begeisterung am Kirchengesang finden, obwohl der Kirchenchor sich auch dem weltlichen Chorgesang widmet und dies bei öffentlichen Veranstaltungen, bei Jubiläen von weltlichen Vereinen, bei Dekanatssingen usw. praktiziert. Ein allgemein gültiges Patentrezept zur Lösung dieser Frage gibt es nicht. An dieser Stelle möchte ich einen Appell unseres Kirchenchores an die vielen Außenstehenden, besonders aber an unsere Jugend richten und sie um eine freundliche und förderliche Mitarbeit in unserem Kirchenchor bitten. Unser Wunsch ist es, besonders junge Sänger und Sängerinnen dem Chor zuzuführen, um dessen Leistungsfähigkeit zu erhalten.“

Bernd Willscheid